Der Wasserschlauch (Utricularia vulgaris):

Der Einsaugvorgang erfolgt in Wirklichkeit 500 mal schneller.

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Der Zoologe Richard Nachtwey, seinerzeit Professor an der Universität Bremen, schreibt 1959, S. 95 -100:

"In den Moorgräben wächst der Wasserschlauch ( Utricularia vulgaris L.), der mit Hilfe äußerst sinnreich konstruierter Bläschen, die als winzige Kastenfallen funktionieren, massenhaft kleine Wassertiere fängt und sie verdaut. Tausende solcher Bläschen sitzen an einer einzigen Pflanze. Die kleine Tierfalle misst zwei bis vier Millimeter...Die Eingangsöffnung des fast eiförmig gestalteten Bläschens ist durch eine Klappe verschlossen. Diese Klapptür ruht unten auf einem hufeisenförmigen Widerlager und kann sich nur nach innen öffnen. An ihrer Außenwand trägt die Klappe keulenförmige Drüsenhaare und reizbare, schlanke Sinneshaare. Flankiert wird sie jederseits von einem grünen verzweigten Ästchen. Das Bläschen ist vor dem Beutefang stets in einer gespannten Fangstellung, seine Seitenwände sind dann weit nach innen gewölbt, und das Innere ist von Wasser leergepumpt. Die Wände sind nämlich von einer Wasserleitung durchzogen und imstande, in etwa einer Viertelstunde die Wasserfüllung des Bläschens völlig aufzusaugen.

Die vom Wasserschlauch bewohnten Moorgewässer sind von Kleinkrebsen in großer Zahl bevölkert. Winzige Hüpferlinge (Copepoden), aber auch Zweighornkrebschen (Cladoceren) und Muschelkrebschen (Ostracoden) tummeln sich zwischen den schwimmenden Wasserschlauchpflanzen, die eine Länge von über einem halben Meter erreichen. Die keulenförmigen Drüsenhaare der Bläschenklappe sondern einen Schleim ab, dessen Bedeutung noch unbekannt ist, der aber vielleicht für die Krebschen etwas Anziehendes hat. Sobald ein Krebschen eines der schlanken Sinneshaare berührt, ist es schon verloren. Mit einem blitzschnellen Ruck bewegen sich die unter beträchtlicher Spannung stehenden Blasenwände nach außen. Die Klappe schnellt nach innen. Das vor dem Blaseneingang befindliche Wasser wird samt dem Beutetierchen in das Blaseninnere gerissen, und sogleich schließt sich die Klapptür wieder. Der ganze Vorgang spielt sich in einem Zeitraum von 1/100 bis 1/200 Sekunde ab (nach neuesten Erkenntnissen 1/500 Sekunde; Anmerkung W.-E.Lönnig). Der Sog ist so heftig, dass selbst Insektenlarven und Würmer, deren Länge die des Bläschens mehrmals übertrifft, in die Kastenfalle hineingerissen werden. Im Teufelsmoor bei Bremen fand ich im Wasserschlauchbläschen eng zusammengeringelte Borstenwürmer, die das Bläschen durch ihre Größe unförmig auftrieben. Sie waren schon teilweise verdaut. Auch diese abnorm großen Beutetiere werden durch den plötzlichen, gewaltigen Sog gefangen. Die entscheidende Kraft des Soges scheint von den seitlichen Blasenwänden auszugehen. Wie ihre schnelle Reaktion möglich ist, konnte bisher nicht geklärt werden.

Bevor der Verdauungsvorgang einsetzt, saugt die Pflanze wieder das gesamte Wasser aus dem gefüllten Bläschen heraus. Die Klapptür schließt so dicht, dass von außen kein neues Wasser eindringt. Die Verdauungssäfte können also unverdünnt auf die Beute einwirken. Sie werden jetzt von eigenartigen, vierstrahlig angeordneten Drüsenschläuchen ausgegossen, die der inneren Wandfläche massenhaft aufsitzen. Ein eiweißlösendes Ferment und Benzoesäure werden von den Drüsen erzeugt, wie von Lützelburg zuerst nachgewiesen hat, und so kann das Bläschen nun wie ein richtiger tierischer Magen arbeiten und die Beute regelrecht verdauen. Die Benzoesäure, die bei der Verdauung wie die Salzsäure unseres Magens mitwirkt, erfüllt auch den Zweck, Fäulnis im Bläschen zu verhüten. Das Fleisch der Opfer wird in ganz kurzer Zeit verdaut, die Eiweißbausteine der Krebschen werden aufgesogen und vom Wasserschlauch zu arteigenem, pflanzlichen Eiweiß wieder zusammengebaut. Die mit Krebschen ernährten Wasserschlauchpflanzen gedeihen weit besser als die, denen solche Nahrung entzogen wird. Stutzer gelang es auch, drei Arten von Colibazillen in den Bläschen aufzufinden. Das ist ein besonderer Beweis dafür, dass die Funktion der Bläschen der Wirkungsweise eines tierischen Darmkanals hochgradig ähnlich ist. Es handelt sich nämlich um genau dieselben Colibakterien, die im Darm von Tieren und Menschen beständig anwesend sind. Sie verhindern die Vermehrung fäulniserregender Bakterien. Die Wasserschlauchpflanze hat sich also Tausende von kleinen tierischen Mägen angeschafft.

Ist der Verdauungs- und Aufsaugungsvorgang beendet, so kehrt das Bläschen wieder in seine hochgespannte Fangstellung zurück und erwartet die nächste Beute. Die unverdaulichen Panzer der Krebschen bleiben im Bläschen. Erst wenn dieses fast ganz mit harten Resten gefüllt ist, fällt es ab. Fast stets sind in einem Bläschen mehrere Opfer zu finden, ja sogar häufig 10 -20 Krebschen, die jedoch alle einzeln gefangen wurden. Es hat also ein totaler Funktionswechsel stattgefunden. Ein normales Blatt, Organ der pflanzlichen Assimilation, das die Umwandlung anorganischer Stoffe in organische mit Hilfe des Lichtes ausführt, hat einen kleinen Fangapparat mit allen mechanischen Einrichtungen gebildet, der zugleich wie ein tierischer Magen arbeiten kann und alle dafür notwendigen Säfte besitzt.

Wie wir im vorigen Kapitel gesehen haben, lehrt der moderne Darwinismus, dass alle organischen Bildungen durch "Mikroevolution" entstanden seien. Dabei wird ausdrücklich betont, dass winzigste Mutationen das Material für die natürliche Selektion liefern. Ludwig betont, dass die Kleinstmutationen ohne oder fast ohne erkennbaren Effekt sind. "Unter diesen Kleinstmutationen wird man den Hauptteil der evolutorisch verwertbaren Mutationen zu suchen haben, und nur sehr selten sind günstige Großmutationen zu erwarten."

Nun mögen uns die Darwinisten erklären, wie man sich die Bildung des Wasserschlauchbläschens aus einem Blattzipfel vorstellen soll. Welche richtungslose Mutation soll im normalen Blattzipfel zuerst erfolgt sein und dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben? Hatte sie diesen nicht, so ging sie als belanglos verloren. Ausdrücklich betonen die Darwinisten, dass Mutation und Selektion zusammenwirken müssen, wenn etwas Neues entstehen soll. Durch welche blind zusammengewürfelten, richtungslosen Kleinmutationen soll das Wasserschlauchbläschen entstanden sein?...Wie sollen wir uns den ersten Anfang zur Bildung dieser Kastenfalle, die wie ein tierischer Magen arbeitet, eigentlich vorstellen?...


Soll die Bildung mit dem Entstehen der Kastenfalle beginnen oder mit der Produktion der Verdauungssäfte? - Sobald wir dies überlegen, zeigt sich die...Ohnmacht der Darwinschen Theorie, denn selbst eine vollkommene Kastenfalle mit der erstaunlichsten Fähigkeit, blitzschnell Tiere zu erbeuten, hätte ohne Verdauungssäfte nicht den geringsten Wert im Daseinskampf, weil die Beute nicht verdaut würde. Was aber soll es andererseits einem gewöhnlichen Blattzipfel nützen, wenn er noch so wirksame Verdauungssäfte ausscheidet, er kann ja die Beute nicht festhalten, was unbedingt nötig ist. Aber selbst wenn Kastenfalle und Verdauungssäfte zusammenwirken, so ist für den Daseinskampf noch nichts gewonnen...Die gelösten Eiweißstoffe müssen ja auch aufgesogen und in arteigenes Pflanzeneiweiß verwandelt werden… Die Bildung des Wasserschlauchbläschens erfordert also das vollendet harmonische Zusammenspiel vieler verschiedenartiger Gene und Entwicklungsfaktoren. Erst mit dem Endeffekt wird der Nutzen für den Daseinskampf erreicht, nicht aber mit irgendeiner Entwicklungsstufe " (von Nachtwey kursiv).


"Highly specialized suction traps as depicted in Utricularia are also adapted to water as surrounding medium. The trap is set by negative hydrostatic pressure. Glandular structures outside and inside the bladder were shown to be involved in water transport from the lumen to the surrounding medium. When a potential prey (e.g. acopepod, cladoceran, ostracod) stimulates the antennae of the trapdoor, the latter is opened and the trap walls, being under negative pressure, expand rapidly sucking in water through the door opening. The prey is sucked in concomitantly and the door quickly returns to its former state. The opening process is estimated to take less than 2 ms and the entirefiring process - stimulation, door opening, and closing – lasts about 30 ms and is thus one of the fastest movements in the plant kingdom.

In addition to the main characteristics of the physical trapping mechanisms, the traps of most carnivorous plants exibit accessory features suitable for attracting small animals. Different trap types increase their efficiency by colours, olfactoric stimuli and further anatomical devices (windows, detaining hairs, slippery material). Moreover, apart from the trapping devices there are some additional deviations from the general angiosperm design principle: Utricularia does not develop any roots, and Genlisea has ‘root-leaves’, so that genuine roots are missing here, too.

Nutrition and Digestion

The basic question which has been debated for more than a century is whether the insects and other small invertebrates, as well as some fish fry, are really essential for normal development of carnivorous plants or whether they can also persist and flourish without prey. Regarding the observation of many authors that the species investigated can normally grow and flower under laboratory conditions, it has been objected that such environments do not reflect their special natural habitats and thus cannot provide the solution to this problem.

The conventional view is that carnivorous plants are clearly benefiting from digestion of small invertebrates and fish fry. This, however, could not be corroborated by recent painstaking investigations in Utricularia purpurea. The return of nitrogen and phosphorus from an overall investment of 25 - 50% in bladder formation proved to be less than 1% in the cases investigated. One hypothesis is that Utricularia plants benefit more from living communities of microorganisms and associated detritus, i.e. by mutualism, than from carnivory. The open questionis, however, to what extent the results can be generalized for other Utricularia species or for other carnivorous plant genera. Conversely, writers like Schnell (2002, p.20) are convinced ‘that carnivorous plants do indeed benefit from their unique adaptations by exhibiting more rapid and enhanced growth, more prolific flowering and seed set, and a better ability to maintain and even improve their competitive edge within their habitats’.

Carnivorous plants digest their prey by means of enzymes such as acid phosphatase, proteases, peptidases, esterases and chitinase. Also, ribonuclease and deoxyribonuclease and still other shave beendetected. An amylase is found in Aldrovanda. For several carnivorous plant species more investigations are necessary to corroborate and enlarge earlier findings.

Usually the same glands producing the enzymes are also responsible for the absorption of the digested materials."

NATURE ENCYCLOPEDIA OF LIFE SCIENCES / © 2004 Nature Publishing Group / www.els.net


Siehe auch http://www.weloennig.de/Utricularia.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserschl%C3%A4uche


Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e7/Uk_pond_bladderwort.jpg
Utricularia, Wasserschlauch

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Letzte Aktualisierung 01.03.2020